Wellness-Beiträge



Ein "Zuviel" macht Kinder zu Luxusgören.

Kinder gehören in die Natur, nicht in künstliche Spa Welten. Das Bewußtsein für den eigenen Körper kann nicht früh genug gefördert werden. Top Hotel spricht mit Katarina Banach vom Deutschen Wellness Verband über den Sinn und die Grenzen von Kinderwellness.

Verfasser: Katarina Banach

Brauchen Kinder eigentlich Wellness?

Tägliche Schreckensmeldungen zum Gesundheitszustand der Kinder häufen sich an: von Zivilisationskrankheiten und täglichen Belastungen sind immer mehr Kinder betroffen. Übergewicht bei Kindern ist ein Massenphänomen, Stress, Haltungsschäden, Hyperaktivität... Trotz zahlreichen Parolen seitens der Politik mangelt es an effektiven Angeboten, die dieser Entwicklung entgegen steuern.

Betrachtet man Wellness-Anwendungen als weitere Verkaufsprodukte, dann wären die Eltern wohl schlecht beraten auch solche Konsumgüter für Kinder einzukaufen, anstatt ihnen die Zuwendung und dadurch das Wohlgefühl zu geben. Versteht man aber Wellness korrekt als einen Lebensstil des genussvoll gesunden Lebens, so ist es nur förderlich, dies früh genug zu üben.

Die Alltags-Wellness auf kindgerechte Art braucht kein Programm. Das Einfachste ist häufig auch das Beste, z.B. im Wald spazieren gehen,  gemeinsam mit Kindern die Welt entdecken. Kinder brauchen Liebe. Liebe ist die Energie des Lebendigen und dabei Grundbaustein des Wohlgefühls.

Was sollten Hotels beachten, die Wellness für Kinder anbieten?

Kinderwellness heisst nicht, die Kinder einfach abgeben zu können. Kinder sollten im Mittelpunkt stehen: eine entsprechende kindgerechte Infrastruktur, Mitarbeiter, die sich Zeit für Kinder nehmen, Arrangements für ganze Familien, kindgerecht essen, schlafen, Spaß haben - Angebote, die für die Welt der Kinder geschaffen sind, auf die Kinderseele und den Kindeskörper gezielt abgestimmt sind. Das Hotel sollte dennoch nicht zum einzigen Spielplatz verkommen, die Umsorgung der Kinder ist weitaus wichtiger.
Kinderwellness wird vielerorts übertrieben. In den USA gibt es Kinder-Wellness schon länger, denn wer früh beginnt, ist auch als Erwachsener ein häufiger Kunde. Außerdem sind Kinder wichtige Konsumentscheider: sie bestimmen, wo ihre Eltern den Urlaub verbringen. Auch wenn sich in den USA Schönheitssalons für Achtjährige guter Kundenresonanz erfreuen, wer hierzulande Kinder wie Erwachsene herausputzt wird berechtigte Kritik ernten.
Sicherlich gehören Kinder gehegt und gepflegt, aber auf der Basis der Ehrlichkeit, des Lobs, des gemeinsamen Lachens, der gefühlvollen Zuwendung, der Aufmerksamkeit und Akzeptanz – nicht der Ermahnung, schon gar nicht der Ent-Kindlichung. Abenteuter, Sport, Spiel, Spaß, Austoben – sind, was Kinder mögen.  Einige Anbieter werben damit, dass sich die schulischen Leistungen der Kinder durch Wellness vermeintlich verbessern können und Kinder damit ruhiger werden. Dies ist zweifelhaft. Spa-Anwendungen fördern bei Kindern weder Kreativität noch Intelligenz und helfen auch nicht gegen Lernprobleme. Im Gegenteil: Gesunde Kinder langweilen sich, wenn sie eine halbe Stunde lang still liegen müssen.
Sport ist auf jeden Fall gut für Kinder. Aber nicht von Lehrern unterrichtet, sondern von sportbegeisterten Trainern, die verrückt sind aufs Laufen oder Schwimmen – und die Kinder mitreißen können. Je mehr freies Spiel und freier Sport, desto besser.
Gefahren, die Hoteliers beachten sollten: kindgerechte Angebote als gesundheitsfördernde Angebote sollten wirklich sinnvoll sein.

Wie sollten Angebote für Kinder kalkuliert werden? Gleiche Preisstruktur wie für Erwachsene?

Es handelt sich um andersartige Angebote, daher keine vergleichbaren Preise.

Kinder ahmen gerne die Großen nach. Macht es Sinn, Erwachsenen-Angebote auf Kinder zu übertragen?

Ein gesunder Maß mag Spaß machen:  „Prinzessinen“ Programme mit Kinderbademantel – in einem Kids-Beautycenter empfinden Kinder Nähe und Wohlbefinden. Sie lernen, ihre Sinne bewusst wahrzunehmen – in einem wohltuenden Ambiente, bei einem Gespräch etc. Eine Massage wird dem Töchterchen sicher nicht schaden, aber es sollte nicht stilisiert werden. Auch Bäderbehandlungen mit fein riechenden Duftöle schärfen die Sinne – dabei entdecken Kinder ihren Körper und die natürliche Pflege und lernen, sich etwas Gutes zu tun.
Sehr sinnvoll erscheinen Mutter/Tochter oder Vater/Sohn Programme - gemeinsam, in der Natur…- das schweißt zusammen und gleicht manche Alltags-Unzulänglichkeiten aus.

Andere interessante Angebote für Kinder:
- Kurse, z.B Schwimmen lernen in einem Erlebnisschwimmbad
- Kinderkino, Creativbereich,
- Fun Dance… - schult Ausdruck, Bewegungskontrolle und Gleichgewicht, trägt auch zum besseren Selbstbewusstsein bei
- Ein Programm an interessanten Ausflügen; Kinderfeste
- Science-Lab… - spielerisch Naturwissenschaft und Technik entdecken
- Entsprechende Fitness-Ausstattung mit Kletterwand, Trampolin etc., auch Abenteuerspielplatz oder Gokarts, Kinderfahrräder etc.
- Magische Momente: Zauberschule und vielfältige Animationsprogramme, z.B. Schatzsuche am Strand
- Reitunterricht für Kinder
- Kinderbuffet, entsprechende Kindermahlzeiten, die Spaß machen und Lust für gesunde Ernährung wecken – Gesundheit für Kinderaugen
- Freude an der Körperpflege wecken durch Wellness-Behandlungen aber auf eine spielerische Art
- Urlaub auf dem Bauernhof liefert wunderbare Erlebnisse / Abenteuer – oder einfach in Kleinversion: ein Kinderstreichelzoo
- Ein sinnvolles Angebot ist sicher in jedem Hotel die Möglichkeit der Kinderbetreuung während Eltern Entspannung geboten wird - Angebote, die parallel Beschäftigungsmöglichkeiten für Eltern und Kind schaffen. Im nachhinein freut man sich umso mehr aufeinander.
- Luxusversion: Kindervilla – mehrere Etagen mit unterschiedlichen Erlebniswelten…
- Geräumige Familienzimmer mit Kinderbetten, kindersicheren Geräten und Steckdosen, verdunkelbaren Schlafzimmern, Spielesets, Wickeltisch und Babyfonanlage sowie Kinderbuggy am Empfang; natürlich Rauchfreiheit, ganztägig Kindergetränke, auch Kinderarzt, wenn nötig – auch dieses gehört zum Angebot eines First-Class-Familien-Hotels

Wo liegen Ihrer Meinung nach die Grenzen?

Kinder gehören nicht in künstliche Wellness-Welten, sondern in die Natur. In ihrem Alltag kommen das Austoben und Ausprobieren viel zu kurz – so sollte auch noch in ihren Ferien ein Programm absolviert werden?

Ein zuviel an Schönheitsbehandlung macht Mädchen zu Barbies, zu verwöhnten Luxusgören. Das Kind soll möglichst schön und perfekt sein, nicht im Matsch spielen, sondern im Blütenbad entspannen…Die Gefahr, eine narzistische Störung zu entwickeln liegt nahe. Selbstzweifel, Depressionen, Körperfixierung, Essstörungen – eine schicke, doch übertriebene „Spa“-Applikation macht Kinder eher krank als gesund und grenzt an Kinderfeindlichkeit eher als sie von Kinderliebe zeugt. Nicht zuletzt wird Kindern auf diese Weise oft ihre Kindheit geraubt.

Sollten Spa-Mitarbeiter für den speziellen Umgang mit Kindern geschult sein – durch eine pädagogische Ausbildung oder ähnliches?

Familiengerechte Ausstattung der Einrichtung ist nur die Infrastruktur im Hintergrund. Ein rundes Konzept mit der nötigen fachlichen Basis und phantasievollen Umsetzung mit dem Ziel, den Familien mit Kindern zu zeigen, wie viel Spaß Bewegung, gesunde Ernährung und ein gepflegter gesunder Körper und fröhlicher Geist machen können ist sehr wichtig.
Auf jeden Fall sollten Mitarbeiter, die für Kinderbetreuung zuständig sind auf dem Umgang mit Kindern vorbereitet werden. Sie sollten dann ausschließlich für Kinder Zeit haben.
Geschulte Kinderbetreuer, auch Kindergärtnerinnen, vorbereitet auch auf Baby-Betreuung sind in Häusern mit einem größeren Spezialangebot unerlässlich. Es bestehen auch Gesundheitsangebote, z.B zur Behandlung von Haltungsschäden im Familienurlaub, wobei die jungen Gäste von Medizinern sowie Physiotherapeuten betreut werden. Dies wird dann unter dem Label Medical Wellness Check für Kinder verkauft.

Da Kinder eine besonders sensible Gästegruppe sind: Würde ein eigenes Prüfsiegel für Hotels mit entsprechenden Angeboten Sinn machen?

Die Problematik von geeigneten kindgerechten Wellness-Programmen ist sicherlich ernst zu nehmen. Ein Gütesiegel würde qualifizierte Angebote herausstellen. Es gibt zwar eine Hotelgruppe der KinderHotels, die ein reichhaltiges Angebot für Familienurlaub bietet. Ein verlässliches Qualitätsmerkmal ist jedoch zur Zeit nicht vorhanden. Der Deutsche Wellness Verband stellt aber sein umfassendes Know How zur Verfügung bei der Gestaltung und Darstellung von sinnvollen  Programmen der Wellness für Kinder. Hoteliers, die bereits derartige Angebote in Ihr Leistungsspektrum eingeschlossen haben, können diese begutachten lassen und sich für deren Auszeichnung bewerben.

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